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TechTalk-No4


Beschreibung

TechTalk No4: elektrische Belastbarkeit von Lautsprechern und Auswahl eines Verstärkers

 

Artikel: 2010-09-TechTalk_No4-elektrische_Belastbarkeit.pdf

TechTalk No4                              08-09.2010

 

Willkommen beim TechTalk - dem regelmäßig erscheinenden Newsletter von ari acoustics. TechTalk erläutert technische Grundlagen und Hintergründe und stellt neue Produkte vor. TechTalk soll auch zur Diskussion anregen. Schreiben Sie uns Ihre Anregungen, Fragen und Korrekturen wenn mal was daneben gehen sollte.

 

Welchen Lautsprecher brauche ich für meine Anwendung und für meinen Raum? Das ist die am häufigsten gestellte fundamentale Frage. Sie ist zudem auch wirklich schwierig, hat sie doch viele unterschiedliche Facetten.

 

Lautstärke – diesem sehr wichtigen Aspekt widmet sich die erste Ausgabe des TechTalk. Lautstärke ist schließlich ein zentrales Thema des Lautsprecherbaus. Wie im Folgenden noch deutlich wird, ist das mit der Lautstärke auch nicht ganz so einfach. Daher ganz schrittweise in einzelnen Teilfragen.


TechTalk No1:
welche Lautstärke soll eine Hifi-Anlage im Hörraum bzw. an der Position des Hörers im Hörraum erzielen.


TechTalk Frage No2:
Welche Lautsprecher und Verstärker benötige ich für Hifi-gerechte Lautstärke in meinem Raum 

TechTalk Frage No3:
Welchen Einfluß hat das Bündelungsverhalten meines Lautsprechers und das Absorptionsverhalten des Hörraumes auf Lautstärke und Frequenzgang

 

TechTalk Frage No4:

elektrische Belastbarkeit und Auswahl eines Verstärkers  

 

 

Was bedeuten Ausdrücke wie  „Impulsspitzenleistung“, „Musikleistung“ und „Continuous Power – Dauerleistung“ ?

 

Grundsätzlich beschreiben diese Ausdrück auf die eine oder andere Art die zeitveränderliche, transiente Natur der Musik und die zu ihrer Wiedergabe benötigte elektrische Leistung. Eine 100Watt Glühlampe setzt kontinuierlich 100W elektrische Leistung in Licht und Wärme um so dass das Hausnetz kontinuierlich 100W an die Glühbirne abgibt. Im Gegensatz dazu wird ein 100W Verstärker nur sehr selten seine volle Leistung an den Lautsprecher abgeben.

 

Der Ausdruck Impulsspitzenleistung oder peak power ist recht klar definiert als die maximale Spitzenleistung die während der Musikwiedergabe auftritt – sei es auch nur ein mal in einem kurzen Impuls. Die Durchschnittsleistung ist auch klar definiert als die in einem Zeitintervall (z.B. der Länge eines Musikstücks) durchschnittlich aufgebrachte Leistung.

 

Bei beiden Definitionen wird sofort klar, dass die jeweiligen Werte sehr stark von der Art des Anregungssignals - dem Musikmaterial - abhängen. Das Verhältnis von Impulsspitzenleistung und Durchschnittsleistung kann also je nach Musikprogramm sehr stark variieren.

 

Die Analyse unterschiedlichen Musikmaterials zeigt, dass bei unkomprimierter klassischer Musik das Verhältnis von Impulsspitzenleistung zu Durchschnittsleistung rund 25dB beträgt. Rockmusik weist dagegen eine wesentlich höhere Durchschnittsleistung auf, die Impulsspitzenleistung ist jedoch nur ca. 8dB bis 10dB über der Durchschnittsleistung. Musikmaterial das für die Widergabe durch Rundfunkstationen speziell hergestellt wurde ist in der Dynamik noch stärker komprimiert.  Hier liegen Impulsspitzen weniger als 8 dB über der Durchschnittsleistung. Solches Musikmaterial kling laut ohne die Anlage zu überlasten ist aber auch entsprechend leblos – nichts für die High End Hifi Anlage. 


Bild TT04.1: Aussteuerung einer „audiophilen“ Pop-CD die oft als Test-CD für die Bewertung von Hifi-Anlagen benutzt wird. Dynamik durch Kompression im Bereich der maximalen Impulsspitzen begrenzt. Die durchschnittliche Leistung beträgt ca. 6% der Maximalleistung (z.B 10W bei voll aufgedrehtem 150W Verstärker).

 

 

Bild TT04.2: Aussteuerung einer Klassik-CD. Vollaussteuerung wird vermieden bei 3dB Reserve. Dynamik wird durch Kompression nicht beschnitten. Beim Verstärker wird maximal die halbe Leistung abgerufen. Die angeforderte Maximalleistung beträgt bei einem 150W Verstärker also 75 Watt. Die durchschnittlich angeforderte Leistung beträgt ca. 3% der Maximalleistung (im Beispiel 2,2W)

 

Alle Lautsprecher können Impulsspitzenleistungen zu ertragen die wesentlich höher sind als die Leistung die sie kontinuierlich umsetzen können. Die richtige Auswahl eines passenden Verstärkers ist von dieser Eigenschaft abhängig.

 

 

Wie beeinflusst das Musikmaterial die elektrische Belastbarkeit des Lautsprechers ?

 

Lautsprecher können auf zwei unterschiedliche Arten überlastet werden – elektrisch und mechanisch. Zwei Extremfälle führen in der Praxis zu Lautsprecherüberlastungen. Stellen sie sich vor, dass ein 100Watt Verstärker einen Fehler aufweist und damit beginnt bei sehr hohen, unhörbaren Frequenzen mit voller Leistung zu schwingen. Hierdurch wird in sehr kurzer Zeit die leichte Schwingspule des Hochtöners überlastet und er brennt durch – ein typischer fall für elektrische Überlastung. Im Gegensatz dazu kann der Tieftöner durch das „Rumpeln“ eines Plattenspielers, hervorgerufen durch verwellte Platten, oder durch übertriebene Bassanhebung oder gar eine Kombination vom beidem mechanisch überlastet werden. Hierdurch werden die beweglichen Teile des Lautsprechers überdehnt und im schlimmsten Fall beginnt die Schwingspule an einem mechanischen Teil zu scheuern. Oder aber die mechanischen Auslenkungen der Lautsprechermembran sind so groß, dass die Schwingspule aus dem Luftspalt austritt und beim „Wiedereintritt“ hängen bleibt und zerstört wird. Gerade bei den häufig eingesetzten Bassreflexsystemen  kann dies bei Infraschallsignalen unterhalb der Abstimmfrequenz der Lautsprecherbox bereits bei geringen Leitungen um die 10W bis 30W erfolgen. Es ist daher immer Hilfreich den Frequenzanteil unterhalb der Abstimmfrequenz durch ein entsprechendes Hochpassfilter zu beschneiden.

 

Wie kann die Leistung eines Lautsprechers korrekt angegeben werden ?

 

Wie gezeigt kann ein Lautsprecher sowohl durch elektrische Überlastung als auch durch mechanische Überlastung zerstört werden. Ein geeignetes Messsignal muss daher diese beiden Aspekte ebenso berücksichtigen wie den Frequenzanteil im normalen Musikprogramm.

 

Ein solches Testsignal ist im IEC Standard 268-5 beschrieben. Es ist ein rosa Rauschen mit einem Crest Faktor von 6dB welches oberhalb 5kHz und unterhalb 40Hz mit 12dB/Oktave gefiltert wird. Ein Rauschen mit einem Crest Faktor von 6dB bedeutet, dass die impulsförmigen Signale des Rauschens 6dB lauter sind als die gemittelte Leistung des Rauschens. 6dB lauter bedeutet die 4-fache elektrische Leistung. Ein Lautsprecher mit 125 Watt Belastbarkeit wird also mit einer schnellen Folge von 500Watt Signalen traktiert. Mit dieser Testmethode werden so gute Erfahrungen gemacht, dass dieser Standard nahezu alle anderen Angaben abgelöst hat.

 

Wie das Datenblatt der Wavecore Lautsprecher beschreibt müssen auch diese Lautsprecher einen solchen Test 2 Stunden lang überstehen. Hochtöner werden darüber hinaus je nach geplantem Einsatzzweck noch mit einem zusätzlichen Hochpassfilter vor tiefen Frequenzen geschützt. Dies macht ja auch Sinn, denn sie sollen im späteren Einsatzfall ja auch keine 50Hz Bassimpulse übertragen. Allerdings muss beim Vergleich unterschiedlicher Lautsprecher – auch mit anderen Marken – immer darauf geachtet werden bei welcher Frequenz dieses zusätzliche Filter einsetzt. Ein Hochtöner mit 30Watt Belastbarkeit bei einer Filterfrequenz von 2kHz ist deutlich höher belastbar als ein Hochtöner mit ebensolchen 30W aber einer Filterfrequenz von 3kHz! Für die Belastbarkeit des Hochtöners in einem Lautsprecher ist auf jeden Fall die Frequenzweiche bzw. die gewählte Trennfrequenz und Flankensteilheit verantwortlich.

 

Was bedeutet aber die mit der IEC 268-5 ermittelte Belastbarkeit für die Auswahl eines geeigneten Verstärkers ?

 

Dies hängt vom Einsatzzweck ab. Die Firma JBL mit ihrer großen Erfahrung sowohl im Studio als auch im Veranstaltungsbereich gibt hier klare Empfehlungen ab.

 

Bei gut überwachten Abhörsystemen bei denen keine Übersteuerungen auftreten wie beispielsweise Monitorsysteme in Studios sollte der Verstärker die doppelte Leistung des Verstärkers besitzen. Die hohe Verstärkerleistung wird bei Musikmaterial nur kurzzeitig abgerufen und überlastet den Lautsprecher nicht. Die 3dB Leistungsreserve (doppelte Leistung) führt zu einem klareren Klangbild.

 

Bei Standard Beschallungssystemen im professionellen Bereich sollte die Leistung des Verstärkers der Leistung des Lautsprechers entsprechen.

 

Bei Instrumenten-Verstärkungen bei denen ein mit voller Leistung spielender, übersteuerter Verstärker eingesetzt wird – Röhrenverstärker für Rock-Gitarren - sollte die Ausgangsleistung die Hälfte der nach IEC 268-5 gemessenen Belastbarkeit des Lautsprechers nicht übersteigen.

 

 

Kurz zusammengefasst:

 

Für die Musikwiedergabe mit einer guten Hifi-Anlage, kann der Verstärker durchaus die doppelte Leistung des nach IEC268-5 ermittelten Belastbarkeit des Lautsprechers haben ohne dass dieser überlastet wird. Die Impulsbelastbarkeit eines Lautsprechers beträgt mindestens das Vierfache der Dauerbelastbarkeit. Die beim Verstärker oft angegebene Musikleistung oder Impulsspitzenleistung kann daher also auf jeden Fall das Vierfache der Lautsprecher-Dauerbelastbarkeit betragen.

Bei Hochtönern entscheidet die Frequenzweiche – insbesondere deren Trennfrequenz und Flankensteilheit über die Belastbarkeit des Hochtöners. In den Spezifikationen der Hochtöner wird daher immer das Hochpassfilter angegeben mit dem die angegebene Belastbarkeit erzielt wird.

Bei Sonderbelastungen wie Plattenspieler mit rumpelnde Platten, verzerrende Verstärker oder beim Messen von Frequenzgängen können Lautsprecher bereits weit unter ihrer nominellen Belastungsgrenze mechanisch oder elektrisch überlastet werden. Bei Schallplatten ist daher ein Subsonicfilter angeraten – Frequenzgänge sollten nur mit kleiner Leistung gemessen werden.